MZ-Beitrag über das Waffenepitaph des Herzog Christian von Sachsen-Weißenfels, St. Ulrici, Sangerhausen

Der Herzog ist angefressen – Barockes Bild in der Ulrichkirche soll restauriert werden

von Joel Stubert, 08.04.2018 um 18:00 Uhr

Sangerhausen – Zwei Scheinwerfer leuchten das sonst dämmerige Kirchenschiff der Ulrichkirche aus. Daneben sitzt Franziska Schott. Die 31-Jährige ist Diplom-Restauratorin und nimmt das Bild von Herzog Christian ganz genau unter die Lupe. „Fest steht, dass das Bild aus der Barockzeit stammt“, sagt sie.

Der Geschichtsverein Sangerhausen hat sie engagiert, um eine mögliche Restauration des beschädigten Bildes vorzukalkulieren. Helmut Loth, Vorsitzender des Geschichtsvereins Sangerhausen, begleitet den Prozess. „Das stark geschädigte Bild von Herzog Christian in der Ulrichkirche ist heute das einzige in dieser Art vorhandene Bildnis“, sagt er.

Wann Bild von Herzog Christian in die Ulrichkirche kam, ist unklar

„Über seine Herkunft ist bisher nichts bekannt. Es ist möglich, dass es nach 1736, spätestens aber nach Abbruch der Schlosskapelle im Jahr 1831 in die Ulrichkirche kam.“

Im Rahmen der Voruntersuchung, die die Restauratorin durchführt, muss geschaut werden, wie das Schadensbild aussieht und was genau gemacht werden muss, um es wieder in altem Glanze strahlen zu lassen. „Das Bild ist leider vom Nagekäfer arg befallen“, sagt Schott. Es werde fast nur noch von der Fassung zusammengehalten.

Neben der Analyse und Erfassung bereitet Schott die Ausschreibung vor, hat viel Schriftkram zu erledigen. „Das ist fast sogar der größere Anteil“, sagt sie. „Zudem wird für die Fachbehörden alles auch digital dokumentiert.“

Proben der einzelnen Farb-Schichten gehen ins Labor

Die Hallenserin muss einen Blick für die Details haben. „Man gräbt sich Schicht für Schicht nach unten durch“, sagt sie. „Bis man hoffentlich beim Original ankommt.“ Von den einzelnen Schichten nimmt sie Proben, die in ein Labor geschickt werden. „Davon sollen später Farbe und Material erzeugt werden, die bei der Restaurierung genutzt werden können“, sagt sie. „Man arbeitet auch viel mit dem Skalpell“, sagt sie.

Das Bild hat ein gewisse Leidenszeit hinter sich. „Wir nehmen an, dass Wilhelm Schmied im Jahr 1949 am Gemälde Hand angelegt hat“, sagt Loth. Dabei sei andere Farbe als beim Original aufgetragen worden. Für die Risse sei er allerdings nicht zuständig. „Die stammen aus den 70er Jahren. Damals sind Jugendliche in die Kirche eingebrochen und haben das Gemälde mit Steinen beschädigt“, erzählt Loth.

Christian war der vierte Herzog von Sachsen-Weißenfels

Prinz Christian wurde am 23. Februar 1682 in Weißenfels geboren und übernahm nach kurzer Zeit am 23. Februar 1712 nach dem unverhofften Tod seines Bruders Herzog Johann Georg als vierter Herzog von Sachsen-Weißenfels die Regierung. Christian setzte trotz der großen Verschuldung seines Herzogtums aufwendige Bautätigkeiten fort, so auch für die Kirche in Sangerhausen (Kapelle im Neuen Schloss, 1713 eröffnet).

Um die finanziellen Mittel für die Restaurierung des Bildes zusammentragen zu können, ruft der Geschichtsverein zu Spenden auf. Auch aus dem Erlös eines historischen Sangerhäuser Kalenders gehen Teile an den Geschichtsverein und damit in die Restauration des Bildes von Herzog Christian.

Spendenkonto bei der Sparkasse Mansfeld-Südharz:
IBAN: DE59 8005 50080340192003,
BIC: NOLADE21EIL 

(mz)

– Quelle: https://www.mz-web.de/29984032 ©2018

Panorama-Gemälde in Bad Frankenhausen: MDR-Beitrag

Bad Frankenhausen: Große Putzaktion am Bauernkriegspanorama

von Katharina Melzer

 

Wer zu Hause richtig ordentlich putzt, braucht, wenn es hoch kommt, mal ein paar Stunden. Mit Fensterputzen vielleicht einen Tag. Das ist aber noch gar nichts im Vergleich zu der Reinigungsaktion, die gerade im Panoramamuseum in Bad Frankenhausen läuft. Das 14 Meter hohe und 123 Meter breite Bauernkriegspanorama wird momentan von Staub und Schmutz befreit. Insgesamt 1.722 Quadratmeter werden Stück für Stück innerhalb von zwei Monaten gereinigt. Und das macht richtig Arbeit.

Vor einem großen Wandgemälde, das teilweise beleuchtet ist, steht ein Gerüst.
14 Meter hoch ist das Gerüst, auf dem die Experten bei der Reinigung des Tübke-Gemäldes stehen.Bildrechte: MDR/Katharina Melzer

Drei Restauratoren arbeiten in luftiger Höhe auf einem bis zu 14 Meter hohen Gerüst mit kleinen, speziell für die Wandmalerei entwickelten Schwämmen und Ziegenhaarbürsten. Die Schwämme lassen sie in schwungvollen Bewegungen über die bunten Figuren und Formen gleiten. Kleine gelbe Krümel rieseln hinab in den Bildsaal. So werden spezielle Lösungsmittel in das Bild gearbeitet, die bis in die Tiefe der Leinwand reichen. Staub und Krümel werden anschließend mit einem handelsüblichen Industriestaubsauger weggesaugt. „Es handelt sich also um eine Trockenreinigung – da ist eigentlich kein großes Geheimnis dabei“, sagt Restaurator Roland Engel, der seit den 90er-Jahren in dem Reinigungsteam dabei ist. „Wasser nehmen wir nicht, denn das würde Probleme geben. Das bekommen wir nicht richtig trocken.“ Für seine Arbeit muss er viel Geduld mitbringen, sagt er. „Aber das ist ja mein Beruf, wenn man sich an der Malerei erfreuen kann, klappt das schon.“

Eine Hand drückt einen Schwamm gegen ein Ölgemälde.
Vorsichtig wird die Leinwand mit Schwämmen bearbeitet.Bildrechte: MDR/Katharina Melzer

Wegen des hohen Aufwandes wird das Gemälde nur alle fünf bis sechs Jahre gereinigt. Die Arbeiten dauern insgesamt zwei Monate. Bis jetzt sind etwa drei Viertel des Wandbildes gesäubert. „Alleine die Vorbereitungszeit dauert schon sehr lange“, erklärt Museumsmanagerin Silke Krage. „Das riesige Gerüst muss aufgebaut werden und dann müssen die Restauratoren wirklich jeden Quadratzentimeter erwischen. Das erfordert viel Geduld und Konzentration. Deshalb haben wir auch so ein eingespieltes Team. Das macht nicht jedes Mal jemand anderes.“ Dennoch werden auch neue Restauratoren eingearbeitet. Die 31-jährige Franziska Schott soll Roland Engel beim nächsten Mal ersetzen, da dieser bereits am Rentenalter kratzt. „Ich freue mich auf die Arbeit, es ist unglaublich spannend, in diesen Dimensionen zu arbeiten. Die große Fläche ist irre“, freut sich Schott.

An einem Blech kleben kleine, gelbe Kügelchen.
Kleine gelbe Krümel aus Staub und LösungsmittelBildrechte: MDR/Katharina Melzer

Neben der Reinigung hat die Aktion noch einen anderen Zweck: eine Langzeitstudie. Da auf die Leinwand mehr als eine Tonne Farbe aufgetragen wurde, ist es nach all den Jahren immer noch nicht zu 100 Prozent trocken. Dieser Prozess wird in der Studie begleitet. Deshalb sind die Restauratoren auch mindestens einmal im Jahr an dem Gemälde und überprüfen den Zustand, bis sie wieder reinigen.

Während der gesamten Putzaktion ist das Museum nicht geschlossen, sodass die Besucher die besonderen Arbeiten mitverfolgen können. Das Gerüst verdeckt immer nur einen Teil des Gemäldes, sodass die Arbeiten eher Zusatz als Störfaktor sind. Im Moment kommen die Restauratoren gut voran. Für die restlichen Arbeiten sind noch gut zwei Wochen veranschlagt.

 

https://www.mdr.de/thueringen/nord-thueringen/kyffhaeuser/bad-frankenhausen-bauernkriegspanorama-wird-gereinigt-100.html

Veranstaltungshinweis: 17.03.2016 VDR-Vortragsreihe in der Moritzburg Halle

Am kommenden Donnerstag, dem  17. März 2016 lädt die Moritzburg in Kooperation mit dem Verband der Restauratoren (VDR) erneut alle Interessierten und Kollegen zu einem Vortrag aus der Reihe „Restaurierung und Forschung“  in die Moritzburg Halle ein.

Thema des Vortrages:
„Das Epitaph des Amtshauptmanns Otto von Pogk von 1578 in der Kirche St. Nicolai zu Coswig (Anh.) aus der Werkstatt Lucas Cranachs d.J.“

Beginn ist um 18:00 Uhr im Talamt-Gebäude des Kunstmuseums Moritzburg Halle.

Die Referenten sind die Dipl. Restauratoren Albrecht Körber, Andrea Himpel und Linda Haselbach.

Veranstaltunghinweis für den 24.09.2015: VDR-Vortragsreihe in der Moritzbug Halle

Seit diesem Jahr findet in der Moritzburg Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt in Halle (Saale) eine Vortragsreihe zu Themen der Restaurierung und Forschung in Zusamenarbeit mit dem Verband der Restauratoren (VDR) statt.

Am Do, 24.09.2015 lädt die Moritzburg ab 18:00 Uhr zu einem ca. 45-minütigem Vortrag mit PowerPoint-Präsentation mit anschließender Diskussion zum Thema „Es wird sich alles historisch entwickeln. Karl Völkers Passionszyklus in der Dorfkirche von Schmirma: Rettung eines Bilderschatzes der Moderne“ in das Barockzimmer des Talamts ein.

Referenten des Abends sind die Dresdener Dipl.-Restauratorinnen Uta Matauschek und Sybille Kreft, welche Einblicke in die konservatorische Problematik an den Gemälden und der Kassettendecke und die restauratorische Bearbeitung vermitteln.

Die Veranstaltung ist kostenfrei und steht allen Interessierten offen.

MZ-Artikel zur Restaurierung vom 16.10.2014:
http://www.mz-web.de/kultur/voelkers-deckenbilder-wurden-restauriert,20642198,28748988.html

Tag des Offenen Denkmals 2015 – Eröffnung in Halle

Am kommenden Sonntag, dem 13. September 2015 findet der alljährliche Denkmaltag statt.

Seit 1993 öffnen jedes Jahr am jeweils zweiten Sonntag im September historische Bauten und Stätten, die sonst nicht oder nur teilweise zugänglich sind, ihre Türen der breiten Öffentlichkeit.
Dieses Jahr stehen im gesamten Bundesgebiet mehr als 7.700 private und öffentliche Denkmäler zur Besichtigung offen.
Eine Chance für jede/n „Geschichte zum Anfassen“ zu erleben. Es gibt fachlich versierte Führungen durch (Kunst-)Historiker, Archäologen, Restauratoren, Architekten und Handwerker, die gerne Aufgaben und Techniken der Denkmalpflege dem interessierten Publikum näher erläutern.

Das Ziel der Tage des offenen Denkmals besteht darin, die Öffentlichkeit für die Bedeutung des kulturellen Erbes zu sensibilisieren und Interesse für die Belange der Denkmalpflege zu wecken.
Die bundesweiten Denkmaltage sind der nationale Beitrag zu den europaweiten European Heritage Days.

Dieses Jahr findet die offizielle Eröffnungsveranstaltung des Denkmaltages in Halle (Saale) auf dem zentralen Campus (Universitätsplatz) der Martin-Luther-Universität (MLU) ab 11:00 Uhr statt.

Das Thema des diesjährigen Denkmaltages lautet „Handwerk, Technik, Industrie“, welches gut zur Stadt Halle und der Region passt.
Mehr als 60 Denkmäler werden in Halle zu besichtigen sein, abgerundet durch eine Rahmenprogramm bestehend aus Vortägen und Führungen zum Motto. Veranschaulichung von Handwerkstechniken werden im „Goldenen Pflug“ (Alter Markt) sowie in der „Goldenen Rose“ (Franckestraße) oder auch im Werkstattgebäude „Am Sandberg 13“ erlebbar.
Ein historischer Shuttelbus steht den Besuchern zur Verfügung.

Viele interessante Informationen zum Programm, Hintergünde und nützliche Tools, wie einen Routenplaner finden Sie auf der offiziellen Homepage: http://www.tag-des-offenen-denkmals.de

 

Koordiniert wird der Tag des offenen Denkmals durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz

MZ-Artikel – St. Stepahni-Kirche Aschersleben

mz-artikel aschersleben st. stephani
„Stephanikirche in Aschersleben – „Am Staub der Jahrhunderte“:
12.08.2015 18:01 Uhr – Das Gerüst mitten im Kirchenraum der Stephanikirche kündet davon: Die Restaurierung der reich mit Figuren geschmückten Kanzel aus dem Jahr 1656 hat begonnen. Drei Frauen arbeiten in mehreren Metern Höhe an dem barocken Kunstwerk: Katrin Brinz, Franziska Schott und Friederike Vogelmann aus Halle. Für die 47-jährige Katrin Brinz ist die Arbeit an der Kanzel nicht die erste in Aschersleben. Sie hatte 2012 bereits das Herwig-Epitaph restauriert und im vergangenen Jahr am Cranach-Marienaltar mitgearbeitet. Nun also die barocke Kanzel, die den Restauratorinnen sehr viel Arbeit beschert. „Es ist schon ein sehr großer Auftrag“, sagt die Hallenserin, und sie schätzt, dass sich die Arbeiten am Schalldeckel mit den 19 Figuren bis zum Oktober hinziehen werden.

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Projekt beendet: Wiedereröffnung der Ehem. Abteikirche Amorbach

Nach über zwei Jahren wurde am Samstag, dem 18.07.2015 die ehemalige Abteikirche in Amorbach feierlich wiedereröffnet.
Von Juni 2014 bis Juli 2015 war ich durch die Restaurierungswerkstätten Onnen (Hirschaid) in das Projekt involviert.
Zu meiner Hauptaufgaben gehörten die Reinigung, Konservierung (va. Fassungskonservierung) und Restaurierung (Kittung, Retusche, Vergoldung) der Rokoko-Kanzel von dem Würzburger Holzbildhauer Johann Wolfgang van der Auvera und der Haupt-, Seiten- und Nebenaltäre von den Wessobrunner Stuckateuren Johann Michael Feuchtmayer d.J. und Johann Georg Übelhör.

Das Konzept sah eine behutsame Konservierung des gealterten, seit der Erbauung beinahe unveränderten Zustandes vor, was von allen Gewerken mit großer Sorgfalt umgesetzt wurde – mit einem sehr schönen, stimmigen Ergebnis.
Eine Reise nach Amorbach mit Besuch der Kirche lohnt sich allemal.

 

Ein kurzer Beitrag zur Restaurierung ist in der Mediathek des Bayerischen Rundfunks abrufbar:

http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/zwischen-spessart-und-karwendel/amorbach-abteikirche-renovierung-100.html

 

–  Fotos zur Restaurierung folgen  –

 

 

Messe Leipzig: Denkmal & MUTEC 2014 vom 06.11. – 08.11. 2014

Die denkmal 2014 – Europäische Messe für Denkmalpflege, Restaurierung und Altbausanierung und die MUTEC 2014 – Internationale Fachmesse für Museums- und Ausstellungstechnik wird am kommenden Wochenende, vom 06. – 08. November 2014,  in Leipzig (Messegelände) stattfinden.

Die denkmal gehört zu den europäischen Leitmessen der Denkmalpflege, Restaurierung und Altbausanierung.

Das diesjährige zentrale Fachthema lautet „Historische Fassaden – Stuck.Putz.Farbe.“.

Neben dem umfangreichen Rahmenprogramm lädt der Verband der Restauratoren (VDR) e.V. seine Mitglieder am Samstag, den 08.11.2014 zur 13. Jahresmitgliederversammlung ein. (geschlossene Veranstaltung für VDR-Mitglieder)

Aktuelles Projekt: Freie Mitarbeit in der Ehem. Abteikirche Amorbach (Bayern)

Aktuell bin ich als freie Restauratorin für das Restaurierungsatelier Onnen aus Bamberg an einem umfangreichen Konservierungs- und Restaurierungsprojekt in der Ehemalige Abteikirche in Amorbach im Odenwald (Bayern) beteiligt.

Die barocke Abteikirche (erbaut 1742-47) war Teil des ehemaligen Benediktinerklosters St. Maria und befindet sich seit 1803 im Besitz der Fürsten zu Leiningen.
Zur reichen Ausstattung der Kirche gehört u.a. eine doppelläufige, blattvergoldete Rokoko-Kanzel von dem Würzburger Holzbildhauer Johann Wolfgang van der Auvera sowie  der Hochaltar sowie acht Seitenaltäre. Die üppige Rokoko-Stuckdekoration stammt von den Stuckateuren Johann Michael Feuchtmayer d.J. und Johann Georg Übelhör ( Wessobrunner Schule). Der 23-teilige Freskenzyklus wurde vom Künstler Matthäus Günther geschaffen.

Das Gesamtkonzept sieht vor, den vorwiegend ursprünglich erhaltenen, gealterten Originalzustand zu konservieren.

Meine Aufgaben sind die Reinigung und Festigung der Fassungen und Vergoldungen an Kanzel, Hochaltar, Nebenaltären und Stuckrahmen der Fresken sowie die farbliche Integration (Retusche) der Fehlstellen.

 

Einblicke aus Kirche und Arbeit:

Die Präventive Konservierung in der Praxis – Eine Weiterbildung zum Indikatortest nach Oddy. Ein Nachbericht.

Ein über 100 Jahre bekanntes und spätestens seit den 1980er Jahren immer stärker in den Fokus der Museumsfachwelt gerücktes Thema stellt die Schadstoffproblematik in Museen dar. Eine hochkomplexe und schwierige Angelegenheit, die auch für Restauratoren nicht immer leicht zu überschauen ist.

Schadstoffe, welche sensible Kunst- und Kulturgüter angreifen, aber auch Mitarbeiter wie Museumsbesucher beeinträchtigen können, haben viele verschiedene Quellen. Der Eintrag kann von außen ins Innere des Museums erfolgen; in der Luft und durch den Mensch. Doch auch die Objekte selbst, die Raumhülle und die Ausstellungmaterialien können als Verursacher in Frage kommen.

Schadstoffe können in jedem Aggregatszustand vorliegen. Häufige Vertreter sind: Säuren wie Essigsäure, Schwefelsäure oder Ameisensäure, Aldehyde insbesondere Formaldehyd, Ketone, Alkohole, Kohlenwasserstoffe wie Toluol, Giftrückstände von Bioziden (z.B. PCP, DDT, Lindan), ferner Salze, Lipide und Stäube aller Art. Viele im Museum vorkommende Schadstoffe gehören in der Regel zu den sogenannten VOCs, den flüchtigen organischen Stoffen. Diese Stoffe werden als Lösemittel, Additive oder Weichmacher bestimmten Materialien zugefügt. Im Falle von Holz kommen sie als Eigensubstanz in Form von Aldehyden, Terpenen und Carbonsäuren natürlich vor.

Oft verstecken sich die Schadstoffe daher in Verkleidungen oder Anstrichen von Wänden und Ausstellungsaufbauten, in den Weichmachern von Dicht- bzw. Klebematerial und Kabelummantelungen wie sie im Vitrinenbau und den Vitrinenausstattungen zum Einsatz kommen oder in Kartonagen, Verpackungen und Holzteilen der Lager- und Aufbewahrungssysteme in Depots.

In vielen Fällen ist es so, dass die Objekte entweder im direkten Kontakt mit einem emittierenden Material stehen oder über eine längere Zeitspanne von schadstoffbelasteter Raumluft umgeben sind.

Die zum Teil irreversiblen Folgen für die Objekte können Korrosionen, Auflagerungen, Zersetzungserscheinungen wie Staubzerfall oder Klebrigkeit, Flecken und Verfärbungen sein. Der Umfang der Schädigung sowie sein Voranschreiten hängt immer von der Anfälligkeit des Objektmaterials, der Art, Einwirkungsdauer und Intensität der Schadstoffe als auch von der Anwesenheit gewisser Katalysatoren wie den Klima- und Lichtparametern ab.

Diese Faktoren müssen bei der Museums- und Ausstellungsplanung Berücksichtigung finden. Die aufregendste Ausstellungsinszenierung bringt nichts, wenn das wertvolle, oft einmalige Kernstück der Ausstellung gefährdet ist – das Objekt. Der Einklang zwischen Nutzen, ästhetischen Anforderungen, Gesichtspunkten der Präventiven Konservierung und nicht zuletzt dem zur Verfügung stehenden Budget muss gefunden werden. Ideallösungen sind häufig teuer, daher sollten Kompromisse eingegangen werden. Gerade wenn es um die Finanzierung von präventiven Maßnahmen geht(,) bekommen viele Museumsrestauratoren Probleme höhere Ausgaben zu rechtfertigen oder sie dem Verständnis der Kollegen anderer Fachgebiete ausreichend nahe zu bringen. Im Workshop wurde von einigen Teilnehmen beklagt, dass sie entweder am besten immer ad hoc eine Antwort auf Fragen in Bezug auf geeignete, schadstoffarme Ausstellungs- und Lagermaterialien haben sollen. Oder sie werden im Gegenteil in Ausstellungsvorbereitungen oder Depotumgestaltungen kaum einbezogen bzw. bei Bedenken an bestimmten Materialien nicht weiter ernst genommen. Das scheint, gerade in kleineren Museen, ein gängiges Dilemma vieler Restauratoren zu sein. Dabei ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Mitarbeiter im Museum in vielerlei Hinsicht von großer Bedeutung. Das Wissen und die Erfahrung vieler ergänzt sich – genau das sollte unter Kollegen eigentlich wertgeschätzt und ernstgenommen werden. Die Präventive Konservierung ist im Hinblick auf mögliche Folgekosten und die für alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche immer wichtiger werdende Forderung nach Nachhaltigkeit nicht zu unterschätzen. Dies zu vermitteln ist allerdings häufig nicht leicht.

 

Ich sehe was, was du nicht siehst – Methoden der Analyse von Schadstoffen in Museen

Instrumentarien die den Restauratoren helfen Schadpotentiale aufzudecken, gegebenenfalls zu visualisieren und dementsprechend zu kommunizieren gibt es mittlerweile einige.

Grundsätzlich unterscheidet man in aktive und passive Methoden der Schadstoffuntersuchung. Die aktiven Testverfahren beproben die Raum- oder Vitrinenluft oder geben Testkörper direkt in eine Emissionsmesskammer. Die Luft wird qualitativ mit Hilfe von Gaschromatographie und Massenspektroskopie analysiert. Diese Messungen sind durch den hohen Aufwand und die benötigten technischen Geräte sehr kostenintensiv. Oft genügt schon der konkrete Hinweis, dass sich Schadstoffe in der Objektumgebung befinden. Dies lässt sich mit passiven Untersuchungsmethoden u.a. mit Passivsammlern, Glassensoren, Korrosionsdosimeter usw. überprüfen. Über einen bestimmten Zeitraum nehmen sie Schadstoffe in unkontrollierten Mengen aus der Umgebung auf. Diese Verfahren sind zwar ungenau, aber man erhält bereits eine Aussage, ob Schadstoffe vorhanden sind. In manchen Fällen kann man auf bestimmte Schadstoffgruppen schließen, was eine weitere Feindiagnostik im Labor vereinfachen kann.

Ein sehr praxisrelevantes Vorgehen ist der Indikatortest nach Oddy[1]. Es handelt sich dabei um ein beschleunigtes Korrosionstestverfahren. Zum Einsatz kommen Metallkupons aus Kupfer, Blei und Silber, welche auf Schadstoffe in der Gasphase reagieren. Aus den Reaktionen lassen sich Rückschlüsse auf Art und Umfang der Emission schließen. So reagiert Silber beispielsweise auf Schwefelverbindungen mit dunklen, auf Chloridverbindungen mit weiß-gelben Verfärbungen. Blei reagiert z.B. besonders stark bei organischen Säuren.

Durch den vergleichsweise geringen Material- und Zeitaufwand, bei gleichzeitig guter Handhabbarkeit und Aussagekraft ist der Oddy-Test recht kostengünstig. Aber man darf die Nachteile nicht vergessen: fehlende Standardisierung, subjektive Auswertung und die fehlende Abdeckung einiger Schadstoffe. Zudem muss ein Material spätestens nach vier Jahren erneut getestet werden, da viele Hersteller Änderungen an den Rezepturen und Zusammensetzungen ihrer Produkte vornehmen, ohne darauf hinzuweisen.

Vor allem im englischsprachigen Raum findet das Verfahren Anwendung. In Deutschland ist der Test zwar durchaus bekannt, aber in der gängigen Praxis noch kaum verbreitet. An der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin fanden in den letzten Jahren umfangreiche Forschungen zum Oddy-Test, seiner Standardisierung und Auswertung statt.

Einmal im Jahr bietet die HTW interessierten Restauratoren und Museumspersonal eine Weiterbildung zum Indikatortest nach Oddy in den Räumlichkeiten des Fachbereichs Konservierung und Restaurierung/Grabungstechnik an. Die diesjährige Veranstaltung fand vom 04.04. bis 05.04.14 statt.

Nach einer herzlichen Begrüßung durch die beiden Dozentinnen Frau Prof. Dr. Alexandra Jeberien und Frau Dipl.-Rest. Hildegrad Heine, der obligatorischen Vorstellungsrunde, bei der sich die 12 Teilnehmer etwas besser kennenlernen konnten, ging es mit der Einführung in die Schadstoffproblematik los. Nach einer kurzen Kaffeepause wurde von Frau Prof. Dr. Jeberien erörtert, was man genau unter Luft- und Materialschadstoffen versteht. Um bestens gestärkt in den Nachmittag zu gehen, an dem es eine einführende Vorstellung des Oddy-Tests durch Frau Heine, seinen Prinzipien, Möglichkeiten, aber auch Grenzen und dem benötigten Equipment weiterging, gab es in der Mensa der HTW ein ausgiebiges Mittagessen, das hier, gemessen an anderen Hochschulmensen, ruhig lobend erwähnt werden kann. An die Theorie schloss sich direkt die Praxis im Hochschullabor an. Dazu wurden die mitgebrachten Materialproben[2] samt Referenzproben gesichtet und die Kursteilnehmer in kleine Arbeitsgruppen aufgeteilt. Nun erfolgte an den jeweiligen Stationen des Labors Schritt für Schritt die Präparierung der Proben und der Reagenzgläser. Bei jedem Arbeitsgang ist dabei penibel auf Sauberkeit zu achten. Jede Verunreinigung des Proben- und Testmaterials kann zu einem verfälschten Endergebnis führen.

Um die Reagenzgläser und Stopfen für den Oddytest herzurichten, müssen jeweils sog. Kupons von 35×10 mm Größe aus Silber-, Blei- und Kupferfolie mit einer Metallschere geschnitten und mit einem Glasfaserstift gereinigt werden. Danach werden Rückständen auf den Kupons sofort mit superreinem Aceton entfernt und zwischen Filterkarton getrocknet. Im Anschluss werden sie mit einer Pinzette in den Silikonstopfen geschoben, der zuvor mit dem Skalpell mit entsprechenden 5 mm tiefen und 10 mm langen Einschnitten versehen wurde. In jeden Stopfen kommt jeweils ein Kupon aus Silber, Blei und Kupfer. Dabei sollte sich der Bleikupon immer in der Mitte befinden. Neben dem zu beprobenden Material kommt noch ein kleines mit 0,5ml bi-destilliertem Wasser befülltes Reagenzglas in den Testaufbau. Dieses dient im geschlossenen Reagenzglas dazu eine relative Luftfeuchtigkeit von 100% zu erzeugen.

Wenn alle Testkomponenten ordnungsgemäß präpariert sind, wird das Reagenzglas mit dem Silikonstopfen fest verschlossen und in einen Reagenzglasständer gestellt. Es ist nochmals zu kontrollieren, dass die Metallkupons weder sich noch die Glaswand berühren. Die fertig gestellten Proben kommen dann für 28 Tage[3] bei 60°C in den Ofen, der in dieser Zeit auf keinen Fall mehr geöffnet werden darf. Da die Stopfen sich unter Umständen lockern oder herausgesprengt werden können, hat es sich bewährt sie während dieser Zeit zu beschweren. Mit diesem letzten Arbeitsschritt und dem Schließen der Ofentür ging der erste spannende Fortbildungstag zu Ende.

Am folgenden Samstagvormittag gab es einen letzten Theorieteil zum Thema Minderung von Schadpotentialen durch Frau Prof. Dr. Jeberien. Der Rest des 2. Tages gehörte der Auswertung und Interpretation der Testergebnisse im Labor. Da die Teilnehmerproben noch weitere 27 Tage im Ofen bleiben mussten, wurden die Metallkupons früherer Tests zur Übung der Auswertung genutzt. Zuerst sollten die Teilnehmer die möglichen optischen Veränderungen an den Kupons eigenständig beurteilen und im Anschluss in der Kleingruppe diskutieren. Alle Beobachtungen, was Testbedingungen, Korrosionsprodukte, Verfärbungen, Geruch etc. betreffen, wurden genauestens in einem Protokoll festgehalten. Dabei gibt es drei mögliche Auswertungsergebnisse: P (permanent geeignet, z.B. in Dauerausstellung oder im Depot), T (temporärer Einsatz, z.B. Wechsel- oder Sonderausstellungen), U (ungeeignet). Im Idealfall gibt es keine Veränderungen am Metall. Dann kann man daraus schließen, dass das Probenmaterial nichts emittiert, was das jeweilige Metall retrospektiv das Objekt angreift. Die Kennzeichnung erfolgt dann mit P. In manchen Fällen zeigte jeder Kupon einen anderen Zustand. So konnte beispielsweise Kupfer als P, Silber als T und Blei als U eingestuft werden. Das Endergebnis und die Entscheidung darüber, ob ein Testmaterial zum Einsatz kommen sollte, richtet sich nach dem Kupon der am schlechtesten abschneidet. Hat eine Auswertung P, P, U ergeben, kann das Testmaterial als ungeeignet identifiziert werden. Ebenso sollten bei vielen T-Ergebnissen das Nutzen-Risiko-Verhältnis gründlich gegeneinander abgewogen werden. Denn auch hier wird etwas ausgegast, wenn auch in abgeschwächter Form.

Auffällig war bei der Auswertung, auch wenn das Gros der Kupons richtig gedeutet wurde, die Meinungen zum Teil stark auseinander gingen. Es braucht für die Auswertung des Tests eine gewisse Routine, um die Ergebnisse richtig zu interpretieren.

Abschließend wurde nochmal über die Pros und Kontras des Tests diskutiert. Einige Teilnehmer waren nach dem Kurs zuversichtlich, in ihren jeweiligen Häusern eine Möglichkeit zu finden, regelmäßig in Eigenregie Materialien mit dem Oddy-Test zu überprüfen und demzufolge künftig eine bessere Argumentationsgrundlage zu haben. Der Hinweis der Dozentinnen zum Zusammenschluss mehrerer musealer Einrichtungen einer Region zur Kostensenkung bzw. –aufteilung, stieß auf breite Zustimmung. In den Hamburger Museen wird dieses Konzept seit einiger Zeit erfolgreich umgesetzt. Es wäre wünschenswert, wenn diesem Vorbild mehr Museen folgen und verstärkt Oddy-getestete Materialien zum Einsatz kommen würden.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Weiterbildung sicher für alle gelohnt hat. Die Inhalte waren anschaulich erklärt und aufgearbeitet, wobei auf eine ausgewogene Mischung zwischen Praxis und Theorie geachtet wurde.

Nicht zuletzt der interdisziplinäre Austausch der Teilnehmer aus Restauratoren verschiedener Fachrichtungen und Nicht-Restauratoren machte die Veranstaltung zu einem Erlebnis.

Leider fand dieser Kurs wohl vorerst das letzte Mal statt. Es bleibt zu hoffen, dass sich noch weitere Fortbildungen zu Themen der Präventiven Konservierung und dem Oddy-Test anknüpfen, um Restauratoren und ihre Arbeitgeber für dieses wichtige Thema sensibilisieren.

 

 

Franziska Schott

 

 

[1] Entwickelt von Andrew Oddy in den 70er Jahren am British Museum. Seither wurde das Verfahren permanent weiterentwickelt. Es gibt Bemühungen um eine standardisierte Vorgehensweise. Das British Museum hat zudem eine Liste von Oddy-getesteten Materialien online gestellt.

[2] Festmaterialien z.B. Papier, Karton, Watte, Polstermaterial etc. müssen auf 2g genau abgewogen werden.

Farben, Lacke, Leime etc. müssen auf PET-Folie aufgestrichen und für den Test ein 6x12cm großes Stück zugeschnitten werden. Es ist bei Leimen darauf zu achten, dass eine Ablüftung von min. 48 h unter einer Absauganlage stattgefunden haben muss.

[3] Die 28 Tage bei 100% rLF simulieren rein rechnerisch 15 Monate bei Normalbedingungen.